Es ist unfassbar schwierig, die Aufmerksamkeit der User zu bekommen. Das habe ich an dieser Stelle schon ausführlich erklärt. Instagram hat es mit „Vorgeschlagene Reels“ (bei denen vier Reels in einem Grid auf einmal angezeigt werden) aber jetzt noch schwieriger für Content Creator gemacht. Der Vorteil ist: Es gibt uns auch Hinweise darauf, was gut funktioniert.
Was sind vorgeschlagene Reels im Grid?
Vorgeschlagene Reels sind Videos, die dir angezeigt werden, wenn du in deinem normalen „Home-Screen“ bei Instagram durch die Beiträge scrollst. Früher wurden dort nur Beiträge von Accounts angezeigt, denen User folgen. Instagram geht aber immer mehr auf Empfehlungen, um neben TikTok konkurrenzfähig zu bleiben.
Dass dir Reels vorgeschlagen werden, ist auch nicht unbedingt etwas Neues. Die Darstellung hat sich (zumindest bei mir) seit Kurzem aber geändert: Es werden vier Reels auf einmal (in einem Grid) angezeigt. Das sieht dann folgendermaßen aus:
Genau wie in diesem Video laufen auch bei Instagram die Reels immer wieder in einer Schleife von ca. einer Sekunde. Es ist also nicht wirklich viel zu sehen. User haben nur einen Bruchteil, um das Thema zu erfassen.
In diesem Fall haben wir einen Severus Snape mit Playstation 2-Grafik, der „you have your mother’s eyes“ sagt. Rechts daneben geht es um Pokémon. Es ist auch eine Person zu sehen, die dieses Format wohl „moderiert“.
Links unten ist ein kleiner Hund, der wahrscheinlich seine Pfote auf die beiden Hände legen wird (Hunde-Content geht immer). Als Letztes gibt es noch einen Talkshow-Ausschnitt mit dem Cliffhanger-Spruch: „Das hat er nicht kommen sehen“.
Sind die User weg, sind sie (vermutlich) weg
Die Videos stehen plötzlich in direkter Konkurrenz zueinander und ich muss mich als User entscheiden, was ich sehen will. Klicke ich auf eines der Videos, lande ich im „Entdecken-Feed“ – also genau wie bei TikTok scrolle ich dann nicht mehr durch Beiträge, sondern durch verschiedene vorgeschlagene Reels (wie beim Content Graph von TikTok).
Es ist zwar möglich, sich ein vorgeschlagenes Reel anzugucken und sofort wieder über den Pfeil links oben zurück zur Übersicht zu kommen – aber ich vermute, dass das eher selten passiert. Instagram lockt uns immer mehr von den „eigenen“ Beiträgen weg, um anderen Content zu entdecken. Klares Ziel: User sollen mehr Zeit in der App verbringen.
Mehr Konkurrenz, mehr Druck
Für Content Creator bedeutet diese Veränderung noch mehr, dass die Einstiege in die Videos extrem schnell sein müssen. Auf Anhieb muss klar sein, worum es geht. Spricht mich der Text an? Sprechen mich Bild und Thematik an? Und selbst wenn alles zutrifft, sind jetzt (bei diesen Grids) automatisch drei weitere Konkurrenten im Rennen.
Außerdem bringt es einen weiteren Knackpunkt mit sich: Einzelne Marken gehen in dieser Darstellung noch mehr unter, was dem Wiedererkennungswert schadet. Im schlimmsten Fall verbinden User sogar plötzlich einen Content mit deiner Marke, den du nie gepostet hast – nur, weil dein Reel im Umfeld dieses Contents aufgetaucht ist.
Genau deswegen ist ein klarer Markenkern so unfassbar wichtig. Die Social Media-Plattformen tun alles dafür, dass nur noch die Inhalte im Fokus stehen und nicht mehr die Creator (auch daran zu erkennen, dass bei den Vorschlägen kein Account-Name mehr zu sehen ist).
Die Vorteile: Reichweite und Konkurrenz-Analyse
Nach der ganzen Schwarzmalerei gibt es aber auch zwei Aspekte, die ich positiv hervorheben muss.
1. Vorgeschlagene Reels steigern deine Reichweite
Wenn Usern sonst nur ein Reel vorgeschlagen wurde, sind es mit dieser Darstellung jetzt vier. Das bedeutet, dass dein Content theoretisch eine 75 % höhere Chance hat, in einem dieser „Vorschlags-Grids“ zu erscheinen.
Allerdings erscheinen dort höchstwahrscheinlich sowieso nur Reels, die schon mehr oder weniger erfolgreich sind. Übrigens treten hier auch Videos „gegeneinander an“, die nicht dieselben Reichweiten haben. Kurzes Beispiel:
Das erste Video oben links hat „nur“ über 1.300 Likes. Das Video daneben rund 235.000. Unten links: 1 Million. Unten rechts: Knapp 40.000 Likes. Das bietet mehr Chancen für „schwächere“ Videos, wirkt auf mich aber auch ein bisschen wie ein unfairer Kampf.
2. Konkurrenz-Analyse
Häufig stellen wir uns im Social Media-Bereich die Frage, warum manche Videos so gut funktionieren. Mit dieser Funktion finde ich es unfassbar spannend zu analysieren, wie die Reels innerhalb kurzer Zeit die Aufmerksamkeit erregen können bzw. wollen. Vielleicht ist es sogar möglich, sich hier ein paar Ideen abzugucken.
Fazit: Mehr Selbstoptimierung
Auch durch die neue Art der vorgeschlagenen Reels durch ein Grid hat sich an dem grundlegenden Prinzip nichts geändert: Social Media ist seit Jahren der Ort, wo du innerhalb von Millisekunden die Aufmerksamkeit der User bekommen musst. Dramaturgie, Storytelling, starke Zitate – ohne einen guten Einstieg bringt das nicht viel (oder es könnte zumindest besser sein).
Um das zu erreichen, mal eine Idee: Suche dir drei Videos raus, die du richtig gut/lustig/kreativ findest. Schneide die erste Sekunde raus und erstelle dein eigenes Grid. Wenn du dann dein eigenes Video produzierst, nimm die erste Sekunde davon und füge sie in das Grid ein. So könnte bei deinen potenziellen Usern die Darstellung in den vorgeschlagenen Reels aussehen. Und? Würdest du dein Reel anklicken?